Dies ist ein älterer Text: 18.10.2012
Viel Spaß! :)
Ich liebe es
Leute zu beobachten. Das ist in meiner Familie allerdings auch Traditionssport
und gehört bei Reisen besonders dazu. Ich kann mich dran erinnern, wie ich als
kleines Mädchen zwischen meiner Mutter und meiner Oma auf einer Sonnenliege im
Urlaub unter einer Palme lag, vor uns der zentrale Weg zwischen Strand und Pool
und wie wir uns Stunden über Stunden damit beschäftigt haben über unsere
Klatschzeitschriften zu spähen und die Leute zu beobachten und uns über unsere
Beobachtungen auszutauschen. Das Beobachten ist dabei nicht unbedingt wertend,
kann es aber durch aus auch mal sein. Auf jeden Fall macht es wahnsinnig viel
Spaß einfach nur die Leute ein wenig kennen zu lernen ohne sich dabei der
umständlichen sozialen Konventionen des Kennenlernens bedienen zu müssen.
Für mich
gibt es deshalb auch keine schöneren Orte auf der Welt als Flughäfen. Auf
Flughäfen kann man Leute aller Hautfarben, Religionen, Kulturen, Formen und
Sozialstatus sehen. Man kann sehen, wie sich die einen von ihren geliebten
Verwandten, Partnern, Freunden und Bekannten verabschieden und manche von einem
Gate zum anderen flitzen, um ja nicht den Flug nach Hause zu verpassen.
Außerdem
kann man noch die jungen Paare sehen auf dem Weg in die Flitterwochen. Nicht
die kleinste Millisekunde können diese ihre Hände voneinander lassen. Im
Gegensatz dazu sind da auch die Pärchen, die schon einige Jahre gemeinsam
verlebt haben. Verträumt wirft SIE dabei dem frisch verheirateten Pärchen einen
Seitenblick zu, wird aber schnell von der Realität geweckt, weil ihr Eis-schleckender
5-Jähriger gerade dabei ist, die lauthals schreiende 3-Jährige in den Auswurf
der Kuscheltiergreifanlage zu stecken, damit sie ihm den grün-gelben Drachen
herausfischt. ER hingegen schaut das Pärchen eher mitleidig an, schüttelt
leicht den Kopf, zieht die Träger des überdimensionalen Rucksackes hoch, aus
dem der gigantische Kopf eines rosa-weiß-farbenden Einhorns mit lila-glitzer
Horn hervorguckt, und schiebt den Kinderwagen vor sich her.
An ihm
vorbei drängelt sich eine weitere Sorte Mensch, die man immer auf Flughäfen
anzutreffen vermag: ein Geschäftsmann. Die Aktentasche in der linken Hand, den
kleinen praktischen BOSS-Trolli in der rechten, schliddert er auf seinen blank
polierten Schuhen und mit wehender lilafarbener Seidenkravatte an den Pfützen
vorbei, die das Eis des 5-Jährigen auf dem eh schon schmuddeligen Boden der
Flughafenvorhalle hinterlassen hat.
Dann gibt es
da die Weltreisenden, die Abendteurer, die tieftauchenden, Berge erklimmenden,
mit Survival-Packs ausgerüsteten jungen Frauen und Männer, die frohen Mutes
irgendwo auf dem Boden sitzen und in einen Sprach- oder Kulturführer vertieft
sind. Neben ihnen stehen riesige Bergsteiger-Rucksäcke mit Isomatte,
1-Mann-Zelt und dem alten Blechgeschirr aus der lang vergangenen
Bundeswehrpflichtzeit ihres Vaters. Auf der bunten Pumphose und auf der alten
Lederweste von Mama sind die Peace-Zeichen aufgenäht und in die Haare sind
irgendwelche bunten Perlen eingeflochten. „Alles ist easy, bloß keinen Stress“
– ist hier die Devise.
Anders als
diese jungen Frauen und Männer, hat das Rentnerpärchen eindeutig die
abenteuerlustige Zeit ihres Lebens schon hinter sich gebracht. Müde sitzt sie
auf dem schönsten Plätzchen in der Wartehalle und beobachtet ihren Mann, der an
der Glasscheibe steht und wiederum den Flugzeugen beim Starten und Landen
zuschaut. Wenn er sich dann zu ihr setzt, beschweren sie sich lauthals ein
wenig über die Sounds aus der Playstation Portable, mit der der missmutige Teenager
ihnen gegenüber spielt.
Leider kann der
sie nicht hören, weil sein Hörnerv gerade dabei ist, die lieblichen Klänge von
Frei.Wild zu verarbeiten, die aus seinen iPod-Kopfhörern in seine Ohrmuschel
übertragen werden. Seine Mutter ist dagegen dabei ihre weiße Chanel-Handtasche
vor den klebrigen Fingern des neben ihr sitzenden Kleinkindes in Sicherheit zu
bringen und ist nur froh, dass ihr verwöhnter kleiner Liebling aus dem
Klebrige-Finger-Alter raus und in die bizarre Welt der Zombieapokalypse
eingetaucht ist und sich nicht mehr gegen den gemeinsamen Urlaub sträubt.
Im Gegensatz
zu ihr ist die schwarze Übermama gerade dabei an ihre ungefähr 14 Kinder jede
Menge Süßigkeiten und Kommandos in irgendeiner fremden Sprache zu verteilen
während sie wild gestikulierend ihrem, am Smartphone hängenden Mann, irgendeine
wahnsinnig wichtige Botschaft zu übermitteln versucht.
Die einzige,
die außer mir noch ruhig dasitzt und die größtenteils hochgradig gestressten
Urlauber betrachtet, ist die Nonne auf dem Weg von oder zurück von irgendeiner
Pilgerfahrt. Die Bibel im Schoß, die Hände gefaltet, genießt sie den Trubel,
der so ganz erfrischend ist, wenn man ansonsten im Kloster lebt.
Ich hab zwar
so schon genug Stress, aber in der Stunde, in der man eh nichts machen kann
außer warten, kann ich am einfachsten abschalten, wenn ich den Stress der Anderen beobachte und mich auf meinen ruhigen und entspannten Urlaub freue.
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